Zoll und Exportkontrolle

kritzelkratzel

Erfahrener Benutzer
#1
Wer hat nicht schon einmal mit dem Gedanken gespielt, ein Produkt für Endverbraucher nicht nur innerhalb der EU sondern auch auf anderen Märkten anzubieten. Das ist zumindest immer noch mein Plan, aber ich muss gestehen, da habe ich in gewisser Weise die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

Es fing an mit der Frage des offiziellen (gewerblichen) Imports des kleinen FPGA-Moduls, welches auf der Rückseite meiner 3D-Kamera drauf ist. Ich habe mich gefragt, ob es dafür Import-Zölle gibt oder nicht. Dazu braucht man nur die Warennummer zu wissen, mit der mein US-Hersteller die Teile nach Europa exportiert. In diesem Fall ist das die Nummer 8473300000. Mit dieser Nummer kann man hier ("Einfuhr") erfahren, wie hoch der Einfuhrzoll ist. Wenn man sich die Übersicht Maßnahmen ansieht, dann wird schnell klar: Drittlandszoll (USA = Drittland) ist 0%. Saubere Sache. Ferner habe ich noch herausgefunden, dass diese FPGA-Module der US-Exportkontrolle unterliegen. Das ist zunächst nicht mein Problem, sondern das des Herstellers.

Irgendwann fing ich dann an zu grübeln über die Frage, ob für mich nicht ebenso gewisse Export-Restriktionen existieren. Diese Frage klingt für so ein kleines Kameraprodukt natürlich seltsam, aber ich mache alles zum ersten Mal und gehe daher lieber kein Risiko ein.

Um zu entscheiden, ob ein Produkt der Exportkontrolle unterliegt, muss man wissen, welche Warennummer oder Nomenklatur-Code das Produkt hat. Wenn man das nicht weiß oder (wie ich) zu faul ist, das gesamte Warenverzeichnis durchzugehen, kann auch nach einer Nummer einer Verbindlichen Zoll Tarif Auskunft (VZTA-Nummer) suchen. Zitat der EU-Seite:

"Der Hauptvorteil für den Inhaber der VZTA besteht in der Gewissheit der zolltariflichen Einreihung. Dies ist insofern wichtig, als die zolltarifliche Einreihung die Grundlage für die Bestimmung des Zolls, der Ausfuhrrückerstattungen und die Anwendung anderer Rechtsvorschriften (z.B. Einfuhr-/Ausfuhrbescheinigungen) darstellt."

Wenn also schon jemand (ein Konkurrent ?) sich die Mühe gemacht hat, eine Zolltarifauskunft zu erhalten, dann dann man daraus locker ersehen, welchen Warencode das Produkt hat. Wenn man nichts passendes findet, dann kann man eine VZTA selbst stellen. Das kostet Zeit und vielleicht auch etwas Geld. Auf die Suchmaske für die VZTA kommt man hier.

Ich habe dann mit gewissen Suchbegriffen wie "Kamera", "CMOS", "STEREO" gesucht unter Einschränkung auf deutsche VZTA und relativ schnell einen Eintrag (DE8584/12-1) gefunden. Da habe ich nicht schlecht gestaunt. Es gibt also schon jemanden, der auch 3D-Kameras baut, diese exportieren will und daher eine VZTA angefragt hat. Die Beschreibung passt haarscharf. Zitat:

"Stereokamera - aus zwei Kameramodulen mit CMOS-Bildsensor (720 x 540 Pixel), Objektiv, elektronischem Verschlusssystem, und Signalelektronik in einem Gehäuse mit Anschlüssen (Abmessungen ca. 308 x 98 x 53,5 mm), - zur Aufnahme und Weiterleitung von Bildern, - ohne dauerhafte interne Bildspeichermöglichkeit, - zur Verwendung mit einer speziellen Auswerteeinheit (nicht Gegenstand dieser Auskunft) bestimmt. ..."

Man lernt immer wieder was dazu. Die Kamera ist mit 308mm Länge aber viel größer und damit für FPV wohl nicht geeignet. Also kein Konkurrent. Das Wichtigste ist aber nun klar - die Warennummer: 8525.80.19.90 - mit dieser Nummer kann man nun herausfinden, welche Export-Maßnahmen gelten.

Als zurück zur Zollseite, dieses Mal die Ausfuhr-Funktion wählen und Warencode (ohne die letzte 90) eingeben. Man sieht, für Drittländer (Region 1008), also auch US und CA ist eine Ausfuhrgenehmigung notwendig. Bitte dazu auch die Fußnoten (FN) beachten. Ich habe dann die Ausfuhrliste (AL) mir kurz angesehen, Abschnitt A, Nummer 0015, Absatz b): Ja, da stehen Kameras und fotografische Ausrüstung drin. Unglaublich, die 3D-Kamera ist anscheinend eine Dual-Use-Ware.

Das heißt also, dass ich formal für den Export an Endverbraucher eine Export-Genehmigung brauche. Die gute Nachricht ist, das es sogenannte Allgemeine Genehmigungen (AGG) gibt, für mich würde die AGG EU001 greifen, damit muss ich mit aber noch auseinandersetzen. Diese AGG erlaubt mit ein paar Ausnahmen, die Ausfuhr der Kamera nach US, CA und man staune auch nach CH, ja wer hätte das gedacht.

Ich glaube, mit der EU001 AGG könnte ich die Kurve kriegen...
 

kritzelkratzel

Erfahrener Benutzer
#3
Danke, Zeitaufwand geht so, meine Frau ist Außenhandelsfachwirtin. Da habe ich die Kompetenz schon zu Hause.

Was den Preis angeht, ja es gibt einen und der ist nicht schlecht. Aber wenn ich den jetzt rauslasse, dann komme ich davon nicht mehr runter, falls sich mein Kostenplan ändern sollte.
 

kritzelkratzel

Erfahrener Benutzer
#4
Kleiner Nachtrag. Ich bin gerade dabei, alternative Linsenhalter (lens holder) zu suchen. Die werden ohnehin zu 100% in CN hergestellt (z.B. hier), also warum nicht direkt von dort importieren. Die Prozedur kennt ihr jetzt:

a) Datenbankabfrage vZTA: Stichwort "lens holder", genau 1 Treffer: DE10227/12-1. Passt sogar mit der HS-Code Angabe aus dem obigen Beispiel zusammen.

b) Zollsatz für Import herausfinden: Warencode 9002900090, Herkunftsland CN -> Drittlandszollsatz 6.7%. :eek: Für ein Stück Plastik... unfassbar.

Der Linsenhalter hätte nur eine Luftfahrttauglichkeits-Bescheinigung haben müssen, dann wäre der Zoll ausgesetzt. Aber ich glabe, so einen Wisch würden nicht einmal die Chinesen unterschreiben.

Nachtrag: Ich hatte leider übersehen, dass Sendungen mit geringem Wert (FOB-Preis+Frachtkosten unter 150€) natürlich zollfrei sein. Ist also doch kein Problem, über das man sich ärgern muss.
 
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