Ich bin bei der EMV-Prüfung mit meiner 3D-FPV-Kamera mit Pauken und Trompeten durchgefallen. So richtig, dass es nichts zu diskutieren gibt. Keine Ausreden, keine schlechten Argumente. Kein halbes dB hier oder da zu viel, das Gegenteil ist der Fall. Die Emissionswerte sind so überaus schlecht, wie ich es mir vorher nicht habe vorstellen können.
Ich habe in meinem jugendlichen Leitsinn echt geglaubt, dass man so etwas mit gutem Willen auf Amateurebene schaffen kann. Mit Muße einen Leiterplattenentwurf ausarbeiten, vier Lagen immerhin spendieren, hier und da zusammengesammelte Daumenregeln angewenden, sich an Mustervorlagen von Eval-Boards orientieren - Freunde der angewandten Elektronik, so geht es leider nicht. Egal wie gut aus- oder eingebildet man ist, über ein gutes Bastelniveau kommt man mit solchen Ansätzen leider nicht hinaus. Diese Erfahrung wird mich am Ende der nächsten Woche ca. 600 € kosten, plus MWSt.
Nachdem ich einen Tag lang mit mir gerungen habe, fiel mir die Entscheidung erstaunlich leicht, jetzt nicht einfach so sang-und-klanglos aufzuhören, sondern weiterzumachen. Ich gebe hier gerne zu - erst jetzt lerne ich, nach Jahren des Elektrotechnikstudiums und Promotion in theoretischer Elektrotechnik, wie EMV-gerechtes Leiterplattendesign richtig gemacht wird. Ich hatte früher, auch während der Studentenzeit, viele Leiterplatten entworfen, für mich selbst, auch für andere, ich fand das immer sehr entspannend, aber das waren halt die 90er Jahre. Die Prä-EMV-Ära. Aus heutiger Sicht betrachtet war das alles Kinderkram. Es hat funktioniert, aber es war nie ein Produkt. Je mehr ich jetzt lese und lerne, desto mehr wird mir bewusst, wie mangelhaft mein jetziger Entwurf eigentlich ist. Um es auf amüsante Art und Weise zu beschreiben, möchte ich euch zunächst eine Internetseite empfehlen: Die 10 besten Wege, die Emissionen deines Produktes zu maximieren.
Ich habe nach und nach die einzelnen Punkte durchgelesen, bestimmt bin ich bei der Hälfte dabei. Aber nun zu den Fakten. Ich habe (und lasse es noch, dazu später mehr) alles in Wismar bei CEcert vermessen lassen, sehr engagierte Leute dort, kann ich empfehlen. So lag also meine kleine Kamera im großen Labor an der Ostsee und harrte der Dinge, die dort kommen sollten.
Es wurde mit den Emissionsmessungen begonnen, also Kameraausgänge geeignet terminieren und die Kamera einfach laufen lassen. Weil für die Kamera nur der Batteriebetrieb vorgesehen ist, spare ich mir auch die gesamten Messungen der leitungsgeführten Störstrahlung. Die erste Messung sah dann wie folgt aus, die rote Kurve ist das zulässige Maximum des Quasi-Spitzenwerts, die X-Achse läuft von 30MHz bis 1GHz, der für mich maßgebliche Messbereich.
... so ungefähr habe ich gekuckt. Ein riesiges Störspektrum im oberen Bereich und unterhalb von 1 GHz. Nachdem ich dann gedacht habe, ich könnte es mit einer neuen Firmware für den FPGA (Beeinflussung der Flankensteilheit und der IO-Treiberstärke) retten, noch ein Versuch:
Auch nicht besser, hier und da ein paar dB weniger, aber noch weit von dem entfernt, was eigentlich notwendig wäre. Die erste Spitze bei 54MHz = 2 * 27MHz ist übrigens der Takt vom SDRAM, den ich für die Synchronisation der beiden Sensoren brauche.
Ein genaues Betrachten der Diagramme enthüllt, dass zwischen den Spitzen immer eine Periodizität von 13.5MHz herrscht. Die kann man schon erklären. Der Systemtakt der Kamera ist 27MHz, d.h. alle 37.037ns kommt ein neues Byte aus den Sensoren raus, bzw. muss den FPGA in Richtung des Video-DAC verlassen. Das jedoch bedeutet, dass die Datenleitungen maximal mit einer Taktrate von 13.5MHz "toggeln" können. Und sie tun es offensichtlich. Ich habe also (neben anderen Dingen) auch ein Problem mit der Störstrahlung auf den Datenleitungen.
Wie soll es nun weitergehen? Konkret wird mich die Situation erst einmal zurückwerfen, mit der Markteinführung im Spätsommer diesen Jahres wird es sehr wahrscheinlich nichts werden. Statt dessen ist Nachsitzen angesagt:
Wie ihr seht, es gibt also einiges zu tun. Die EMV-Landschaft ist weit und offen. Wer nichts wagt, hat schon verloren.
[HR][/HR]2013-05-18 Update 1:
Ich habe jetzt die Ergebnisse von der Spezialmessung des FPGA-Moduls allein, also mit deaktivierten Kameras und deaktiviertem Video-DAC. Es sieht nicht gut aus, aber das habe ich eigentlich auch nicht anders erwartet:
Schon das Modul allein montiert auf der Kamera-Platine würde nicht durch die Prüfung kommen. Das heißt, dass meine Idee ein modulares Produkt anzubieten, solange nicht realisierbar ist, wie es den FPGA-Platinen nicht gelingt EMV-konform zu sein. Da ich nicht glaube, dass der Hersteller kurzfristig hier etwas machen kann, muss ich also die Kamera so aufbauen, dass ich keine extra FPGA-Platine mehr brauche.
Das hat verschiedene Vorteile, auch für mich wenn ich mir vorstelle, zu Hause im Kämmerlein die Kameras zu montieren. Auch könnte ich gewisse erkannte Defizite des jetzigen Prototypen gleich mit abstellen. Ich fange also in gewisser Weise beim Urschleim an.
Mein jetziger Favorit ist nicht mehr ein Spartan-3A FPGA von Xilinx, sondern ein MachXO2 von Lattice. Der hat so gewisse Vorteile, die bei Consumer Produkten so richtig rauskommen. Auch etwas, dass ich vorher hätte wissen sollen...
Ich habe in meinem jugendlichen Leitsinn echt geglaubt, dass man so etwas mit gutem Willen auf Amateurebene schaffen kann. Mit Muße einen Leiterplattenentwurf ausarbeiten, vier Lagen immerhin spendieren, hier und da zusammengesammelte Daumenregeln angewenden, sich an Mustervorlagen von Eval-Boards orientieren - Freunde der angewandten Elektronik, so geht es leider nicht. Egal wie gut aus- oder eingebildet man ist, über ein gutes Bastelniveau kommt man mit solchen Ansätzen leider nicht hinaus. Diese Erfahrung wird mich am Ende der nächsten Woche ca. 600 € kosten, plus MWSt.
Nachdem ich einen Tag lang mit mir gerungen habe, fiel mir die Entscheidung erstaunlich leicht, jetzt nicht einfach so sang-und-klanglos aufzuhören, sondern weiterzumachen. Ich gebe hier gerne zu - erst jetzt lerne ich, nach Jahren des Elektrotechnikstudiums und Promotion in theoretischer Elektrotechnik, wie EMV-gerechtes Leiterplattendesign richtig gemacht wird. Ich hatte früher, auch während der Studentenzeit, viele Leiterplatten entworfen, für mich selbst, auch für andere, ich fand das immer sehr entspannend, aber das waren halt die 90er Jahre. Die Prä-EMV-Ära. Aus heutiger Sicht betrachtet war das alles Kinderkram. Es hat funktioniert, aber es war nie ein Produkt. Je mehr ich jetzt lese und lerne, desto mehr wird mir bewusst, wie mangelhaft mein jetziger Entwurf eigentlich ist. Um es auf amüsante Art und Weise zu beschreiben, möchte ich euch zunächst eine Internetseite empfehlen: Die 10 besten Wege, die Emissionen deines Produktes zu maximieren.
Ich habe nach und nach die einzelnen Punkte durchgelesen, bestimmt bin ich bei der Hälfte dabei. Aber nun zu den Fakten. Ich habe (und lasse es noch, dazu später mehr) alles in Wismar bei CEcert vermessen lassen, sehr engagierte Leute dort, kann ich empfehlen. So lag also meine kleine Kamera im großen Labor an der Ostsee und harrte der Dinge, die dort kommen sollten.
Es wurde mit den Emissionsmessungen begonnen, also Kameraausgänge geeignet terminieren und die Kamera einfach laufen lassen. Weil für die Kamera nur der Batteriebetrieb vorgesehen ist, spare ich mir auch die gesamten Messungen der leitungsgeführten Störstrahlung. Die erste Messung sah dann wie folgt aus, die rote Kurve ist das zulässige Maximum des Quasi-Spitzenwerts, die X-Achse läuft von 30MHz bis 1GHz, der für mich maßgebliche Messbereich.
... so ungefähr habe ich gekuckt. Ein riesiges Störspektrum im oberen Bereich und unterhalb von 1 GHz. Nachdem ich dann gedacht habe, ich könnte es mit einer neuen Firmware für den FPGA (Beeinflussung der Flankensteilheit und der IO-Treiberstärke) retten, noch ein Versuch:
Auch nicht besser, hier und da ein paar dB weniger, aber noch weit von dem entfernt, was eigentlich notwendig wäre. Die erste Spitze bei 54MHz = 2 * 27MHz ist übrigens der Takt vom SDRAM, den ich für die Synchronisation der beiden Sensoren brauche.
Ein genaues Betrachten der Diagramme enthüllt, dass zwischen den Spitzen immer eine Periodizität von 13.5MHz herrscht. Die kann man schon erklären. Der Systemtakt der Kamera ist 27MHz, d.h. alle 37.037ns kommt ein neues Byte aus den Sensoren raus, bzw. muss den FPGA in Richtung des Video-DAC verlassen. Das jedoch bedeutet, dass die Datenleitungen maximal mit einer Taktrate von 13.5MHz "toggeln" können. Und sie tun es offensichtlich. Ich habe also (neben anderen Dingen) auch ein Problem mit der Störstrahlung auf den Datenleitungen.
Wie soll es nun weitergehen? Konkret wird mich die Situation erst einmal zurückwerfen, mit der Markteinführung im Spätsommer diesen Jahres wird es sehr wahrscheinlich nichts werden. Statt dessen ist Nachsitzen angesagt:
- Ich werde noch prüfen lassen, welchen Beitrag zum Störspektrum das kleine FPGA-Modul bringt, welches ich auf der Kamera verbaue. Wenn das alleine schon alle Grenzen reißt, dann wird es in der Tat eng.
- Lernen ist angesagt. Ich ziehe mir gerade alles mögliche über EMV-gerechten Entwurf von Leiterplatten rein und bin auch an sachdienlichen Hinweisen von euch interessiert. Wer etwas beitragen möchte, bitte hier kommentieren oder mir eine PN schicken.
- Wenn ich mich fit genug fühle, werde ich einen neuen Entwurf machen. Eines ist jedenfalls jetzt schon klar, aus 4-Lagen-Multilayer werden 6-Lagen-Multilayer. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche und auch das Maximum dessen, was man im PCB-Pool als Prototypen bestellen kann. Wen es interessiert, warum das so sein muss, hier sind einige Hinweise. Dieser Sammelband von Einzelpublikationen (Seite 39 ff., Achtung: 16MB groß) ist auch recht interessant.
Wie ihr seht, es gibt also einiges zu tun. Die EMV-Landschaft ist weit und offen. Wer nichts wagt, hat schon verloren.
[HR][/HR]2013-05-18 Update 1:
Ich habe jetzt die Ergebnisse von der Spezialmessung des FPGA-Moduls allein, also mit deaktivierten Kameras und deaktiviertem Video-DAC. Es sieht nicht gut aus, aber das habe ich eigentlich auch nicht anders erwartet:
Schon das Modul allein montiert auf der Kamera-Platine würde nicht durch die Prüfung kommen. Das heißt, dass meine Idee ein modulares Produkt anzubieten, solange nicht realisierbar ist, wie es den FPGA-Platinen nicht gelingt EMV-konform zu sein. Da ich nicht glaube, dass der Hersteller kurzfristig hier etwas machen kann, muss ich also die Kamera so aufbauen, dass ich keine extra FPGA-Platine mehr brauche.
Das hat verschiedene Vorteile, auch für mich wenn ich mir vorstelle, zu Hause im Kämmerlein die Kameras zu montieren. Auch könnte ich gewisse erkannte Defizite des jetzigen Prototypen gleich mit abstellen. Ich fange also in gewisser Weise beim Urschleim an.
Mein jetziger Favorit ist nicht mehr ein Spartan-3A FPGA von Xilinx, sondern ein MachXO2 von Lattice. Der hat so gewisse Vorteile, die bei Consumer Produkten so richtig rauskommen. Auch etwas, dass ich vorher hätte wissen sollen...