Hallo zusammen,
ich habe heute die Chance genutzt, und die Kollegin aus unserer Patentabteilung in der Firma mal befragt.
Folgendes kam dabei raus:
1) dass das Schreiben so freundlich und fragend formuliert ist, ist normal! Es geht nicht prinzipiell um eine Abmahnung wie z.B. bei illegalen downloads, sondern um eine erste Kontaktaufnahme, den Hinweis, dass eine potentielle Schutzrechtverletzung vorliegt und nicht zuletzt um die Vorbereitung eines Angebots eines Lizenzmodells. Der Patentinhaber möchte nämlich den Nachbau vermutlich nicht generell untersagen, sondern alternativ mitverdienen. Und das klappt, wie sich jeder vorstellen kann, besser, wenn man sich am Anfang nicht wie die Axt im Walde verhält
2) es ist auch normal, dass das erste DE-Patent verfallen ist. Man meldet immer zuerst in D ein Patent an, startet aber basierend darauf gleichzeitig die Anmeldung des europäischen Patents. Für die Zahlung der Gebühren in D hat man ein Jahr Zeit, währenddessen ist das EU-Patent in der Regel geprüft und ggf. erteilt. Aus dem EU-Patent lässt man dann im nächsten Schritt sogenannte Validierungen in den einzelnen Mitgliedsländern durchführen, eben auch in D. Somit hätte man die Erfindung am Ende im ersten Anmeldeland doppelt geschützt, was natürlich Quatsch ist. Deshalb lässt man die allererste nationale Anmeldung in der Regel verfallen, diese dient nur der Vorbereitung des europäischen Patents.
3) das europäische Patent ist definitiv erteilt und gültig, siehe auch hier:
http://worldwide.espacenet.com/publ...T=D&ND=5&date=20080103&DB=EPODOC&locale=en_EP
4) die daraus entstandene Ableitung des deutschen Patents ist ebenfalls validiert und damit gültig:
https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=bibdat&docid=DE112007001997A5
5) Sollte jemand der Meinung sein, dass diese Erfindung keine ausreichende Erfindungshöhe darstellt, so kann er das Patent natürlich anfechten und auch komplett für nichtig erklären lassen. Die Kosten dafür wird hier niemand tragen wollen!
6) Ohne Lizenzgebühren an den Erfinder zu zahlen, wird in Europa (eigentlich in den Ländern, die in der EU das Patent validiert haben) niemand legale Multicopter als Y6, X8, usw. gemäß der Patentansprüche bauen und vertreiben (!) dürfen. Das Gesetz sagt aber auch eindeutig, dass sich das jeder FÜR SICH selbst nachbauen darf.
Man könnte jetzt natürlich X8-Copter ohne autonome Fluglageregelung bauen und verkaufen, das dürfte legal sein...
Übrigens, eine ausreichende Erfindungshöhe kann schon dann gegeben sein, wenn man den bestehenden Stand der Technik auf neue Anwendungsgebiete überträgt!
Das Argument, dass es schon vor 2006 Fluggeräte mit gegenläufigen Propellern gab, zählt also nicht prinzipiell. Es gab bestimmt auch schon Fluggeräte mit autonomer Lagereglung und auch solche mit mindestens drei Auslegern, aber die Kombination aus dem gab es wohl so noch nicht. Das hat den Leuten im Patentamt gereicht, um dieses Patent zu erteilen.