Theoretische Ansätze der Flugdynamik von Coptern

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Kholdstare

Erfahrener Benutzer
#1
Hallo Leute

Ich habe ein paar Fragen zur Flugdynamik. Damit es einfacher wird, habe ich ein Bild gezeichnet:

quad-weights.png

Halten wir das folgende fest:

Copter A und B haben dasselbe Gesamtgewicht, dieselben Komponenten, es ist alles identisch bis auf die Gewichtsverteilung. Somit ist auch die el. Leistung und die Motorisierung dieselbe.

Fragen: Wie verhält sich Modell A im Gegensatz zu Modell B im Flug? Welche Vorteile hat Modell B gegenüber Modell A? Und, gebt ihr mir Recht wenn ich behaupte, dass die Gains bei Modell A stark erhöht werden müssen, aber selbst dann hat Modell B in jeder Hinsicht auf die Flugdynamik die grösseren Vorteile, insbesondere was das Aufschaukeln beim positiven und negativen Beschleunigen anbelangt?

Gruss, Philipp
 

Upgrade 08/15

Erfahrener Benutzer
#2
Edit: Ihr habt natürlich völlig recht, wie konnte ich nur den Trägheitssatz vergessen. Ich lasse meine Antwort mal so stehen, obwohl sie so NICHT stimmt.

Meine nicht-physikalisch gestützte Antwort:
Ich denke es ist egal, wo sich die Masse befindet, solange der Schwerpunkt stimmt und das Rahmen steif genug ist. Ich sehe keinen Grund, warum das nicht so sein sollte?

Auf die Trägheit(-->Gains) hat meines Wissens der Abstand der Motoren einen grossen Einfluss, nicht aber die Gewichtsverteilung.
Zu einem Pendeleffekt dürfte es eigentlich nur kommen, wenn der Schwerpunkt unter/ über der Propellerebene liegt.

MfG und ich lasse mich gerne eines besseren belehren :)
 
Zuletzt bearbeitet:

olex

Der Testpilot
#3
Da muss ich Upgrade 08/15 aber widersprechen: die Massenverteilung spielt durchaus eine sehr große Rolle.

Das Modell B wird signifikant agiler sein. Philipp hat völlig Recht in der Annahme, dass die Gains beim Modell B niedriger eingestellt werden können als bei A (bzw. bei A höher sein müssen, um vergleichbare Stabilität/Agilität hinzubekommen). Die weiter verteilte Masse sorgt für wesentlich höhere Trägheitsmomente auf allen Achsen, was stärkere Regeleinwirkung der Motoren erfordert -> höhere Gains. Ein Pendeleffekt ist bei beiden Modellen möglich und von den gewählten Gains abhängig.

Warum die höheren Trägheitsmomente entstehen: das ist eigentlich ganz einfach nachzuvollziehen. Bei jeder Drehung des Copters muss seine Masse beschleunigt bzw. gebremst werden. Die Kraft, die dafür erfordelich ist, steht im linearen Zusammenhang mit der Länge des Hebelarms, an dem die Masse anliegt. Wenn die ganze Masse nah am Schwerpunkt in der Mitte ist (Modell B), muss eine deutlich geringere Kraft aufgewendet werden, als wenn die Massenanteile an großen Hebelarmen liegen (Modell A - hohe Masse an den Auslegerenden).
 

Terminus

Erfahrener Benutzer
#4
Allgemein gilt J * Phi'' = SummeMomente (um Phi)
J = Trägheit
Phi''=Winkelbeschleunigung

Jetzt kannst du das Model um die Achse welche du grade betrachtest freischneiden. Sind ja nur zwei Momente. Eins aus der Motorkraft und eins aus der Erdbeschleunigung g.

--> J * Phi'' = Fa*Radius - m_ausleger*g*Radius

--> Phi''= Radius/J *Fa - m_ausleger*g*Radius/J

Zusätzlich das die Massenträgheit um Phi von A viel größer ist als die von B kommt noch hinzu das die Gegenkraft von g größer wird...

Ist eine stark vereinfachte Ansicht der Dinge... Fehlen noch div Massenträgheiten der anderen Ausleger... Und die Drehachse müsste man genauer definieren...

Greez Termi
 

Kholdstare

Erfahrener Benutzer
#5
@Upgrade: In meinem theoretischem Konstrukt ist der Schwerpunkt perfekt, der Rahmen und die Ausleger sind unendlich steif. Wir müssen es ja nicht komplizierter machen, als es eh schon wird.

Aber stell' Dir bitte mal einen 3 Meter langen imagninären Holzstab vor, denn Du mittig mit beiden Händen hälst. An beider Enden ist eine Kiste Bier befestigt. Jetzt kippst (rollst) du den Stab hin und her. Sobald Du in die Gegenrichtung wechselst, spürst Du die Masseträgheit der Kisten über den Hebel.

Befestigst Du die beiden Kisten Bier aber genau mittig unter Deinen Händen, hast Du kein Problem mehr. Das Gesamtgewicht hat sich dadurch nicht verändert.

Ich hab' das Modell jetzt verändert:

quad-weights2.png

Neu ist der Schub hinzugekommen. Welches Modell hat die besseren Flugeigenschaften? Genau, gleich? 1:1? Uns steht eine Energiequelle zur Vefügung, die unendlich ist. Die Ausleger haben kein Gewicht. Das Modell ist symmetrisch, alle Drehpunkte genau mittig.


@Terminus: Darf ich frage woher Du diese Formeln beziehst? Gibt es Literatur über dieses Thema?

Gruss, Philipp
 
Zuletzt bearbeitet:

FerdinandK

Erfahrener Benutzer
#6
Hier ist etwas zu viel in den Topf geworfen. Mit Flugeigenschaften geht es wahrscheinlich um die "Regelbarkeit" speziell im Sinkflug (der Steigflug sollte kein Problem sein).

Es geht darum, herauszufinden, wie das System (der Kopter im Schwebeflug) auf Störungen reagiert. Je mehr es in Richtung einer Punktmasse im Schwerpunkt geht, desto "agiler" wird das System, je mehr Massen dezentral zu finden sind, desto "stabiler".

Auf eine vorgegebene Störung reagiert der Kopter mit den dezentralen Massen mit weniger Winkeländerung, das bedeutet in der Folge, dass die Steuerung zwar mehr Kraft braucht um dagegen zu wirken, es steht aber auch mehr Zeit zur Verfügung. D.h. im schnellen (senkrechten) Abstieg ist der Kopter mit den dezentralen Massen stabiler. Die Gains können höher sein als am "agilen" Kopter (bei gleichen Reglern).

Leider kommen im senkrechten (schnellen) Abstieg mehr Effekte zusammen, als in diesem Modell beschrieben werden. Einer dieser Effekte ist, dass es vom Propeller abhängig ist (Geometrie, Lastpunkt, ...). Hier kommt es vor, dass die Strömung am Propeller abreißt, was dazu führt, dass die Regelung zwar mehr Drehzahl erwirkt aber dabei nicht mehr Schub an diesem Propeller entsteht, dadurch wird die Drehzahl weiter erhöht, dann liegt aber die Strömung plötzlich wieder an, die Drehzahl ist nun viel zu hoch (zu viel Schub) und das ganze reagiert in einem deutlichen Wackler (oder mehreren). Kommt noch Wind dazu wird es noch komplizierter, weil das Propellerblatt mit dem Wind laufend weniger Schub produziert als gegen den Wind, ...

Üblicherweise ist es aber so, wenn der Kopter keine extremen Maße hat, dass die derzeit verfügbaren Steuerungen alle gut damit (mit dem einen als auch mit dem anderen Fall) zurecht kommen. Je größer der Copter, desto einfacher wird es für die FC (von Vibrationen mal abgesehen).

lg Ferdl
 

Kholdstare

Erfahrener Benutzer
#8
Leider kommen im senkrechten (schnellen) Abstieg mehr Effekte zusammen, als in diesem Modell beschrieben werden. Einer dieser Effekte ist, dass es vom Propeller abhängig ist (Geometrie, Lastpunkt, ...). Hier kommt es vor, dass die Strömung am Propeller abreißt, was dazu führt, dass die Regelung zwar mehr Drehzahl erwirkt aber dabei nicht mehr Schub an diesem Propeller entsteht, dadurch wird die Drehzahl weiter erhöht, dann liegt aber die Strömung plötzlich wieder an, die Drehzahl ist nun viel zu hoch (zu viel Schub) und das ganze reagiert in einem deutlichen Wackler (oder mehreren). Kommt noch Wind dazu wird es noch komplizierter, weil das Propellerblatt mit dem Wind laufend weniger Schub produziert als gegen den Wind, ...
Danke. Speziell auf diesen Punkt eingegangen: Kann ich dann behaupten, um obigem Problem zu begegnen, in jedem Fall die Reduzierung des GESAMTGEWICHTS dazu beiträgt, Wackler beim senkrechten (schnellen) Abstieg zu verhindern, UNABHÄNGIG davon, ob die Massen zentral oder dezentral verteilt sind?

Gruss, Philipp
 

Bamfax

Erfahrener Benutzer
#9
Vollkommen unwissenschaftlich und vollkommen allgemein: Je schwerer Dein Konstrukt, desto träger reagiert es. Natürlich klar. Was sich aber massiv auf das Flugbild auswirkt. Und je weiter die Massen nach außen wandern, desto mehr wird das gegen ein Wackeln / Kippeln / etc. wirken, egal welcher Flugzustand - denke ich.
Merken tu ich's immer dabei:
Ein Bekannter hat z.B. einen 8'' Alucopter, ein sackschweres Teil (was er trotzdem fliegt wie einen GTI mit Biturbo). Das Ding zieht eine saubere, seidige Bahn, ohne erkennbare Nervosität, richtig schön zum anschauen.
Ich hingegen habe einen 9'' Carboncopter, vergleichsweise leicht (relativ zumindest), der fliegt sich schon deutlich nervöser, zappeliger, gerade was das Wackeln / Kippeln in den Armen angeht.
Von der Agilität her gewinnt mein Copter, von dem "sauberen Strich" gewinnt der Alucopter. Und der Unterschied ist tatsächlich massiv.
 
#10
Das zu leicht etwas hibbeliger ist und ein schwerer Copter gleicher Größe "satter" in der Luft liegt, merke ich auch immer öfter. Meinen leichten Warthox nenn ich daher auch "meinen Segelflieger", während der 200g schwerer H dadurch eben auch nach unten schneller/satter geht. Das hat aber wenig mit der Massenverteilung innen/außen zu tun. Und der AluCopter Deines Bekannten mag deutlich schwerer sein als Dein Carbonteil, aber warum sollte er eine andere Massenverteilung haben, das erschließt sich mir noch nicht. Und bitte nicht diese Vorurteile "schweres böses Alu, leichtes Carbon". Mein 310mm "Alurahmen" obigen Copters mit simplen 10er Flyduino Aluarmen und selbstgesäbelten kleinen GFK CPs wiegt weniger als alle mir bekannten fertig zu kaufenden GFK Frames dieser Größe und er ist dazu noch superstabil/hat bisher dutzende von Crashs ohne irgendwas überstanden. Er geht auch noch deutlich leichter, dann allerdings auf Kosten der Stabilität. Carbon bringt bei dieser Größe noch kaum (Gewichts-)Vorteile.
 

Kholdstare

Erfahrener Benutzer
#11
Je schwerer desto träger muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. Denkt mal einen Massstab grösser. In einem grossen Jumbo, der merkt kaum was von Böen, zu schwer ist die Masse.

Ich glaub' die Lösung des Problems ist das Schubverhältnis zum Gewicht. Erst unter 2:1 merkt man die Einflüsse der dezentralen Masseverteilung. So zumindest meine Experimente.

Gruss, Philipp
 

Knuspel

Erfahrener Benutzer
#12
Warum die höheren Trägheitsmomente entstehen: das ist eigentlich ganz einfach nachzuvollziehen. Bei jeder Drehung des Copters muss seine Masse beschleunigt bzw. gebremst werden. Die Kraft, die dafür erfordelich ist, steht im linearen Zusammenhang mit der Länge des Hebelarms, an dem die Masse anliegt.
Das Massenträgheitsmoment steigt nicht linear, sondern quadratisch mit dem Abstand der Masse von der Drehachse. http://de.wikipedia.org/wiki/Trägheitsmoment

Aus dem Grund sind ja sportliche Copter immer klein und die Ausleger möglichst kurz. Stichworte zum Nachschlagen sind: Massenträgheitsmoment, Trägheitstensor und dynamische Eulergleichungen

Grüße

Knuspel
 
#14
Die für gleiche Winkelbeschleunigung benötigte Motorkraft steigt trotzdem linear, da das Drehmoment ebenfalls linear mit dem Abstand zur Drehachse steigt. ;)
War also nicht falsch was du vorher geschrieben hast.
 

Bamfax

Erfahrener Benutzer
#15
@jodi: bei mir war keine anspielung auf alucopter drinnen, keine sorge. Und bzgl. Masseverteilung ist meine Hüftwissenschaft: Schwerer ist eben schwerer. Wenn am schweren Copter die Massen eher dezentral liegen, vektort er nicht nur träger, sondern winkelt er auch träger.
 
#16
Masseverteilung ist meine Hüftwissenschaft
Also je tiefer die Speckröllchen sind, einen desto besseren Stand hat man.
Bzgl. Schwerpunkt; Ein gutes Beispiel ist ein Eisbrecher. Es ist zwingend nötig, dass der Schwerpunkt so tief wie irgend möglich ist, dass der Pott beim Aufschieben aufs Eis keinen Purzelbaum macht.
 

chebiqe

Erfahrener Benutzer
#17
mal was anderes flugdynamisches:

als ich mir letztes WoEnde, um das BL-Gimbal mal nutzen zu können, mir nen Hexa drumrum gezimmert hab, habi die Motoren 4° in die jeweilige Gierichtung geneigt.
Leider wirds zu nass und kalt kommendes WoEnde und ich hab auch nicht die Geduld und Möglichkeit die vermeintliche Effizienzsteigerungerung zu testen.

Um meinen Wissensdrang zu befriedigen muss ich mal die Profies hier fragen; obs überhaupt ein zwei Prozent ...Leistungsdauerverlängerung bringt?
Denn viel yawt so'n unagiler Hexa ja auch nicht damit sich das lohnt, ...glaube ich mal.
 

Kholdstare

Erfahrener Benutzer
#19
Andere Frage in eine neue Richtung -> Bild.

quad-weights2.png

Rahmenbedingungen:

- Bis auf die unterschiedlich langen Ausleger ist das Modell in jeder Hinsicht hardwaretechnisch identisch
- Gains sind entsprechend der Gegebenheiten (so gut als möglich) angepasst
- Gewicht der Ausleger: 0g, keine Masse. Härte: 10 Mohs
- Propeller Grösse: 12" (30.5cm)

Fragen:

Welche Vorteile hat Modell A gebenüber B? Welche Vorteile hat B gegenüber A? Wie ist das Flugverhalten dieser Modelle?

Gruss, Philipp
 
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FPV1

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