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Rauschgift-Drohne landet im Gefängnishof
Jürgen Theiner 15.01.2015 0 Kommentare
Drogen und Mobiltelefone sind die begehrtesten Güter im Oslebshauser Gefängnis. Manchmal gelingt es Besuchern, sie hineinzuschmuggeln, doch häufig werden solche Versuche vom Justizpersonal unterbunden. Nun haben es Unbekannte erstmals auf dem Luftweg probiert. Nach WESER-KURIER-Informationen setzten sie eine Drohne ein, an der eine mit Marihuana gefüllte Kugel befestigt war. Doch der Coup scheiterte, das Fluggerät zerschellte auf dem Gefängnishof.
So könnte die Szene ausgesehen haben, kurz bevor Marihuana im Gefängnishof samt Multicopter vom Himmel fiel.
So könnte die Szene ausgesehen haben, kurz bevor Marihuana im Gefängnishof samt Multicopter vom Himmel fiel. (Koch/Montage WESER-KURIER)
Die Wachleute der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen staunten nicht schlecht, als sie am Abend des 4. Dezember bei einem Routinerundgang auf dem sogenannten Freistundenhof ein unförmiges Kunststoffgebilde entdeckten. Bei näherem Hinsehen entpuppte es sich als Fluggerät, das offenkundig über dem JVA-Gelände abgestürzt sein musste. Unterhalb des Rumpfes befand sich eine Kugel, in die zehn Gramm Marihuana gepresst waren. Die Anstaltsleitung informierte die Polizei, die den Flugkörper als Multicopter identifizierte, wie man ihn seit einiger Zeit im Handel bekommen kann. Die Drohne vom Typ DJI Phantom 1 verfügt über vier Propellerarme und ist in der Regel mit einer Kamera bestückt. Im Internet wird sie für gut 400 Euro angeboten. „Auch völlig ungeübte Piloten können den Phantom sicher und präzise steuern“, heißt es in der Produktbeschreibung.
Wer die ungeübten Piloten waren, deren Schmuggelversuch Anfang Dezember fehlschlug, ist den Behörden bisher nicht bekannt. Der Staatsanwaltschaft liegen keine Erkenntnisse vor. Die Polizei hatte nach dem Vorfall zunächst entschieden, die Medien nicht zu informieren. Das Justizressort des Senats bestätigte ihn erst jetzt auf konkrete Nachfrage unserer Zeitung. Nach Darstellung von Behördensprecher Jörg Lockfeldt hat sich die JVA Oslebshausen inzwischen auf die neuartige Bedrohung der Anstaltssicherheit eingestellt. Die Kontrollen vor den Hofgängen der Gefangenen wurden intensiviert. „Wir haben außerdem unsere Mitarbeiter für das Problem sensibilisiert und sie dazu angehalten, gelegentlich mal einen Blick nach oben zu werfen“, so Lockfeldt. Auch technische Vorkehrungen würden zurzeit geprüft. Gedacht ist demnach an die Anschaffung sogenannter GPS-Jammer. Diese Geräte sind in der Lage, die Steuerungssignale der Multicopter zu stören.
Der Lufttransport von Rauschgift in das Oslebshauser Gefängnis ist offenbar ein bisher bundesweit beispielloser Vorgang. „Von Drohnen haben wir bisher noch nichts gehört“, heißt es vom Sprecher des Bundesjustizministeriums, Piotr Malachowski. Durchforstet man die Presse, so findet sich lediglich ein Hinweis auf einen etwas nebulösen Vorfall in der hessischen JVA Weiterstadt. Dort hatten Vollzugsbeamte im Juli 2013 drohnenartige Geräusche wahrgenommen und die Polizei verständigt. Gefunden wurde bei der anschließenden Suche indes nichts. Aus dem Ausland sind – allesamt gescheiterte – Versuche überliefert, per Multicopter heiße Ware in Gefängnissen abzuladen, etwa in Irland und den USA.
So spektakulär es ist, dass in Oslebshausen neuerdings Marihuana vom Himmel fällt, so alltäglich sind dort die Schmuggelversuche auf herkömmlichem Weg. Nach den Worten Jörg Lockfeldts lassen sich die Unterstützer von Häftlingen auch durch verschärfte Sicherheitsmaßnahmen nicht abschrecken. Als im Zuge der Modernisierung der Haftanstalt 2012/13 eine neue, höhere Mauer errichtet wurde, schien das die Fantasie der Schmuggler sogar zu beflügeln. „Während der Bauarbeiten wurde auf dem Gelände viel mit Mörtel hantiert. Das brachte Leute von außen auf die Idee, Drogenpäckchen in Mörtel einzugießen und über die Mauer zu werfen“, erfährt man von Lockfeldt. Diese Brocken sollten wie harmloser Bauschutt aussehen. Die Vollzugsbeamten ließen sich jedoch nicht austricksen. Bei einem Kontrollgang auf dem Freistundenhof schöpften sie Verdacht, der durch den Einsatz von Drogenspürhunden zur Gewissheit wurde.
Der Gesetzgeber hat erst vor kurzem den Justizverwaltungen eine zusätzliche Handhabe zur Eindämmung des Schmuggels verschafft. Laut Lockfeldt wurde das Strafvollzugsrecht dahin gehend geändert, dass Häftlinge zwar noch Pakete erhalten dürfen, „aber nicht mehr mit Lebensmitteln“. Zu oft sei es in der Vergangenheit vorgekommen, dass der „Kuchen von Oma“ untypische Zutaten enthielt. In einer Kaffeepackung entdeckten Oslebshauser JVA-Beamte sogar ein Handy samt Ladegerät.